Hessischer Bildungsserver / Arbeitsplattformen

Verbindliche Aufgaben für alle Schulen

Lesen und Textverstehen sind Basiskompetenzen, die wesentlich über schulischen Erfolg, den Einstieg in die Berufswelt und die Teilhabe am öffentlichen Leben entscheiden. Schulen müssen sich daher an folgenden Anforderungen messen lassen:

1.  Lese- und Textverstehens-Kompetenzen werden über ein gesamtschulisches Konzept als Teil des Schulprogramms organisiert

Das Lesen und Textverstehen der Schülerinnen und Schüler kann nur langfristig gesichert werden, wenn es von der ganzen Schule verfolgt wird. Es bedarf der Unterstützung der Schulleitung ebenso wie der Arbeit in den Fachkonferenzen und muss über die Schulorganisation abgesichert sein. Deshalb erstellen die Schulen ein Leseförderkonzept, das Teil des allgemeinen Förderkonzepts sein kann. Als Element des Schulprogramms ist das Leseförderkonzept in den kontinuierlichen Prozess der Schulentwicklung eingebunden.

2. Die Förderung von Lesen und Textverstehen folgt einem ganzheitlichen Ansatz

Leseförderung kann nicht nebenbei und als bloßes Lesetraining erfolgen. Sie muss systematisch mit Sprach- und Schreibförderung verbunden werden und darüber hinaus die Entwicklung der ganzen Person und ihr soziales Umfeld berücksichtigen. Das Konzept „Reading for Understanding“ setzt diesen Gedanken um, indem es neben der inhaltlichen Dimension des Lesens und Textverstehens auch die persönliche, die soziale, und die kognitive und Dimension berücksichtigt.

3. In allen textbezogenen Fächern in allen Bildungsgängen und Jahrgangsstufen wird das angemessene Textverständnis gefördert und überprüft 

Die Sicherung und Überprüfung des Textverstehens ist nicht Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern die aller textbezogenen Fächer. Der Deutschunterricht vermittelt Strategien der Texterschließung und übt sie ein. Darüber hinaus ist jedoch jede Lehrkraft eines textbasierten Faches dafür verantwortlich, dass Schülerinnen und Schüler Texte verstehen. Das Erschließen von Texten, die oft stark verdichtet und nach Konventionen des Fachlichen erstellt sind, entscheidet mit über die Qualität des Unterrichts und liegt im Interesse aller Schüler und Lehrkräfte.

Das Fach Deutsch übernimmt bei der Förderung von Lesen und Textverstehen die Rolle des Leitfachs. Der Deutschunterricht orientiert sich dabei an folgenden Prinzipien:

4. Lernstände und diagnostische Verfahren werden als Basis für gezielte Förderung eingesetzt

Zur Feststellung der Stärken und Schwächen können Lehrkräfte Screenings (nur Leseflüssigkeit), die Lernstandserhebungen in den Jahrgängen 6 und 8 oder den hessischen Leseverständnistests 7/8 (Diagnostik auf der Ebene von Kompetenzstufen) nutzen. Ebenso wichtig sind die professionelle Aufmerksamkeit der Lehrkräfte im alltäglichen Unterrichtsgeschehen, der Einbezug der Eltern und der Austausch zwischen abgebender und aufnehmender Schule. Die Förderung der Schülerinnen und Schüler muss dann im Interesse von Effizienz möglichst passgenau aus der Diagnose abgeleitet werden.  

5. Insbesondere schwache Schülerinnen und Schüler werden gezielt gefördert

Rund ein Fünftel der hessischen Schülerinnen und Schüler sind noch immer der PISA-Risikogruppe zuzuordnen. Ihre Lesekompetenz muss gezielt und kontinuierlich, d. h. über die gesamte Schullaufbahn hinweg gefördert werden. Daraus entstehen für Deutsch-Lehrer und -Lehrerinnen folgende Aufgaben: Die Erhebung der Lernstände; die Durchführung von Diagnosen; daraus abgeleitet die Förderung insbesondere der schwachen Leserinnen und Leser; und die Einübung von Strategien zur Texterschließung. Dazu können auch der Schülerbiographie-Bogen, Angebote speziell für Jungen und Migranten oder das Theaterspiel genutzt werden.

6. In Kooperationen und Netzwerken arbeiten

Angesichts der vielfältigen Ursachen von Leseschwäche und der komplexen methodischen Praxis kommt dem Austausch von Erfahrungen, Materialien und Konzepten zur schulischen Leseförderung eine hohe Bedeutung zu. Dabei helfen regionale Netzwerke. Sie können auch dazu beitragen, den Übergang in die Jahrgangsstufe 5 oder Hospitationen an Schulen mit besonderen Leseförderkonzepten zu organisieren. Neben dieser Zusammenarbeit sind im Rahmen von Öffnung von Schule sind Kooperationen mit Eltern, Einrichtungen und Initiativen möglich, zu. B. über Lesepaten, Beratungs- und Förderzentren oder die Stiftung Lesen).

G. Vogt / S. Mattheis, HKM 2010