Dr. Bockius im KZ ermordet
Die Frankfurter Rundschau Nr. 22 meldete am 13. Oktober 1945 (Auszug):
Dr. Bockius im KZ ermordet
„Über das Schicksal des früheren Führers der hessischen Zentrumspartei, des Reichstagsabgeordneten Dr. Fritz Bockius, waren wir seither noch im Ungewissen. Jetzt steht fest, daß auch er zu den zahllosen Opfern der KZ - Lager gehört.
Dr. Bockius hatte sich nach der Zerstörung seines Mainzer Wohnhauses in Bensheim an der Bergstraße als Rechtsanwalt niedergelassen. Dort wurde er im Sommer 1944, als die Aktion gegen frühere Reichstagsmitglieder im Anschluß an die Vorgänge des 20. Juli im Gange war, verhaftet und in das Gestapo - Gefängnis Darmstadt überführt. Nach Berichten seiner Zellenkameraden war er stets sehr niedergeschlagen und beteiligte sich selten an Unterhaltungen. Dr. Bockius war, so erzählten seine Zellengenossen, überzeugt, daß ihn die Gestapo im entscheidenden Augenblick umbringen würde und äußerte diese Befürchtung mehrfach. Seine Gattin durfte ihn nur zweimal während der ganzen Zeit auf zehn Minuten besuchen. Er ist niemals vernommen worden, konnte also nie erfahren, welchen Vorwand man genommen hatte, um ihn zu inhaftieren. Im Januar 1945 kam er in ein unbekanntes KZ - Lager. Von diesem Zeitpunkt an wurde sein Aufenthalt geheimgehalten. Nach Einzug der amerikanischen Truppen nahmen sich diese des Falles an. Ende August 1945 kam aus dem KZ Mauthausen die Nachricht, daß Dr. Bockius sich dort unter den Todesopfern befinde.[…].“
- Durch diesen -teilweise unzutreffenden- Presseartikel erfuhr die Öffentlichkeit erstmals vom Tode Fritz Bockius‘. „[…] Es hat mich schon sehr geschmerzt, wie wenig sein Tod gewürdigt wurde. Zur antinazistischen Propaganda wurde der Fall bis nach Amerika mal irgendwann überall mehr oder weniger genau berichtet, in der engeren Heimat ging man darüber zu mehr oder weniger erquicklicher Tagesordnung“, betonte Bockius‘ Sohn Fritz im Jahre 1947.
- In vier Redaktionsgruppen haben Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte das Leben von Dr. Bockius erforscht und 2010 als Buch veröffentlicht. Im Vordergrund standen dabei neben familiärem Umfeld und beruflichem Werdegang seine Rolle als Zentrumspolitiker und seine Haftzeitenauf dem Hintergrund der zeitgeschichtlichen Entwicklung von Weimarer Republik und NS-Zeit.
- Mit Fritz Bockius steht ein Vertreter der konservativen politischen Elite aus der Zeit vor 1933 - damit zugleich der potenziellen Führungsschicht für ein demokratisches Deutschland nach Hitler - im Mittelpunkt unserer Forschungsarbeit, dessen Leben zu verschiedenen Zeitpunkten in Bensheim sein „Zentrum“ gefunden hatte. Auch diese regionalen Bezüge sollen angemessen berücksichtigt werden.
- Das gesamte Buchmanuskript -einschließlich Vorwort von Kultusministerin Dorothea Henzler- steht zum Download zur Verfügung.