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Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch

Studie an der Uni Regensburg 2005

Dieser Beitrag ist abgelaufen: 15. September 2007 00:00

Am 6. und 7. Juli 2005 fand in Berlin im Haus der Kulturen der Welt eine Fachtagung statt, die die Ergebnisse der Studie "Langzeitwirkungen im Internationalen Jugendaustausch" präsentiert. Soviel vorweg: Nachhaltige Wirkungen auf die Persönlichkeit und die weitere Biografie der Teilnehmer sind auch zehn Jahre nach einer solchen Jugendbegegnung nachweisbar.

Ziel des Forschungsprojekts war es, die Langzeitwirkungen internationaler Jugendaustauschprogramme zu erfassen und zugrunde liegenden Lern- und Entwicklungsprozesse zu rekonstruieren. Dabei lag der Fokus auf Kurzzeit-Programmformaten, die 1 bis 4 Wochen dauern und in Gruppen durchgeführt werden. In Absprache mit den Kooperationspartnern des Projekts (Bayerischer Jugendring, Deutscher Bundesjugendring, Internationale Jugendgemeinschaftsdienste) wurden repräsentative Programmformate ausgewählt.

Die Analyse erfolgte mit Hilfe von Interviews, Dokumenten sowie einer breit angelegten Fragebogenerhebung mit 800 ehemaligen Teilnehmer/innen.

Folgende Ergebnisse hat die Universität Regensburg, die mit der Studie beauftragt ist, jetzt veröffentlicht:

1. Selbst 10 Jahre später berichten die Teilnehmer an internationalen Kurzzeit-Begegnungen in Gruppen von nachhaltigen Wirkungen auf ihre Persönlichkeit und weitere Biographie.

2. Die Teilnehmer können heute noch eine Fülle an konkreten bedeutsamen Situationen aus dem Austausch schildern.

3. Die Teilnahme förderte hauptsächlich die Persönlichkeitsentwicklung in Hinblick auf Selbstsicherheit, Vertrauen in die eigenen Kompetenzen, sozialer Kompetenz sowie zu mehr Offenheit für neuartige Erfahrungen, interkultureller Kompetenz und Identitätsbildung.

4. Die Programmteilnahme ließ anhaltende Kontakte zwischen Teilnehmern entstehen. Sie bewirkte zudem eine erhöhte Fremdsprachenkompetenz, eine positive Grundhaltung zum Gastland und seinen Bewohnern und regte zu weiteren Auslandsaufenthalten an.

5. 71% der Befragten bezeichneten die Austauscherfahrung als für sie persönlich sehr wichtig bzw./wichtig. 51% schätzen den Austausch im Vergleich mit anderen Auslandsreisen als bedeutsamer. 57% empfanden ihn wichtiger als andere Gruppenerlebnisse. 17% gaben an, dass sich die Bedeutung der Erfahrung in den vergangenen zehn Jahren noch erhöht hat. 75% lehnten die Behauptung ab, der Austausch hätte keine Spuren in ihrer Biographie hinterlassen.

6. Es wurden nur in wenigen Fällen nichtbeabsichtigte Langzeitwirkungen, wie z.B. die anschließende Vermeidung von weiteren Gruppensituationen oder verstärkte Unsicherheit gegenüber Unbekanntem berichtet.

7. Vier Typen der biographischen Verarbeitung der Austauscherfahrung lassen sich feststellen:

Typen / Zustimmung

Nice to have

Die Austauscherfahrung hat keine bemerkenswerten Spuren in der Biographie hinterlassen, war aber eine nette Erfahrung (Zustimmung: 25%).

Mosaik-Effekt

Die Austauscherfahrung trägt zusammen mit anderen Ereignissen zu einer bestimmten Entwicklung bei (Zustimmung: 57%).

Domino-Effekt

Die Austauscherfahrung gab den Anstoß zu weiteren Aktivitäten und Veränderungen (Zustimmung: 52%).

Wendepunkt

Die Austauscherfahrung bedeutet eine entscheidende Wende in der Biographie (Zustimmung: 17%).

Die Studie zeigt, dass die Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen nachhaltige Wirkungen auf die weitere Biografie der Teilnehmer haben und zu einem differenzierten und reflektierten Weltbild beitragen können. Diese Begegnungen sind geeignet Kompetenzen zu fördern, die besonders in einer internationalen und interkulturellen Lebensrealität Erfolgsfaktoren darstellen.

Schlussfolgerungen:

Programme dieser Art sollten weiterhin gefördert und einer größeren Gruppe von Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Die Vielfalt der Programme, die verschiedenste Organisationen durchführen, ist wünschenswert, da durch sie ein spezifischer und eigener Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen geleistet wird. Der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung kann durch die Programmgestaltung konkret unterstützt werden, z.B. durch die Möglichkeit zur Reflexion über das Erlebte.

| 1.8.2005