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Bilingualer Unterricht stand schon vor viertausend Jahren auf dem Stundenplan

Womit Schüler 2000 v. Chr. im Orient Mathematik lernten

Dieser Beitrag ist abgelaufen: 14. April 2008 00:00

15.03.2005 (bikl/idw) Keilschrifttexte auf altorientalischen Tontafeln der sogenannten Jenaer Sammlung belegen es: schon 2000 v. Chr. gehörte es zum Schulalltag, die Sprache des benachbarten Volkes zu erlernen. Dabei handelte es sich meistens um Übungen mit mathematischen oder metrologischen Texten, die das richtige Abrechnen und Messen mit den Nachbarn ermöglichen sollten.

Diese Übungstafeln und andere archäologische Schätze aus dem vorderasiatischen Raum hinterließ der am 19. März 1925 verstorbene Prof. Hermann Vollrath Hilprecht der Universität Jena. Seit Anfang 1926 befindet sich nunmehr die "Hilprecht-Sammlung Vorderasiatischer Altertümer" im Besitz der Friedrich-Schiller-Universität. Sie umfasst hauptsächlich Keilschrifttexte unterschiedlicher Gattungen, die mehr als zweieinhalb Jahrtausende altorientalischer Kulturgeschichte dokumentieren (bis zum 3. Jahrhundert v. Chr.). Vor allem wegen ihrer zahlreichen Textzeugen sumerischer Literaturwerke, aber auch wegen solcher Raritäten wie dem ältesten bekannten Stadtplan der Welt aus der Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr. (Plan von Nippur), genießt die Jenaer Sammlung Weltruf. "Um die auf den Keilschrifttafeln verborgenen Informationen Forschern aus aller Welt zugänglich zu machen, sind die meisten Texte mittlerweile wissenschaftlich ediert worden", berichtet der Altorientalist Prof. Dr. Manfred Krebernik, der die einzigartige Sammlung betreut. "Mathematische Texte sind uns vor allem vom Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. überliefert", so Prof. Krebernik. "Aus ihnen geht hervor, dass damals bereits komplizierte geometrische und algebraische Aufgaben praktischer und theoretischer Natur auf der Grundlage eines sexagesimalen Zahlensystems, also basierend auf der Zahl 60, bewältigt worden sind", so Krebernik weiter.

"Excel"-Tabellen in Ton geritzt Seine Kollegin, die Historikerin Christine Proust, kümmert sich um die pädagogischen Inhalte der Dokumente. Sie erforscht die Einbettung der Übungstafeln in das allgemeine Schulcurriculum der Zeit: "Mathematik und Metrologie waren neben Schrift, Grammatik und Literatur Gegenstand einer vieljährigen Schreiberausbildung", berichtet die Historikerin. "Als Hilfsmittel dienten verschiedene Tabellen-Tafeln, die die Vielfachen verschiedener Grundzahlen ("Einmaleins") sowie deren Kehrwerte oder Quadratwurzeln auflisten", fährt sie fort.

Bilinguales Lehrbuch in Keilschrift Hierbei kommt den besonderen Übungstontafeln aus der Hilprecht-Sammlung, die mathematisch-metrologische Listen mit Texten anderen Inhalts kombinieren, eine besondere Bedeutung zu. So enthält beispielsweise eine Tafel auf der einen Seite eine metrologische Liste, auf der anderen zweisprachige Übungen, die dem Erlernen der um 2000 v. Chr. ausgestorbenen sumerischen Sprache dienten.

| 15.3.2005